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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat nach dem Anschlag von Magdeburg die Gesellschaft in Deutschland zum Zusammenhalt aufgerufen. „Hass und Gewalt dürfen nicht das letzte Wort haben. Lassen wir uns nicht auseinandertreiben. Stehen wir zusammen“, sagte Steinmeier in seiner vorab veröffentlichten Weihnachtsansprache.
Über diesem Weihnachtsfest liege ein „dunkler Schatten“. Es herrsche Trauer, Schmerz, Entsetzen und Fassungslosigkeit über das, was in Magdeburg geschehen sei. Vielen Menschen werde das Herz schwer sein an diesem Weihnachtsfest. Viele seien aufgewühlt und verunsichert, hätten vielleicht auch Angst. „All diese Gefühle sind verständlich. Aber sie dürfen uns nicht beherrschen, und sie dürfen uns nicht lähmen“, sagte der Bundespräsident.
Angehörige sind mit ihrem Schmerz nicht allein
Beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg am Freitagabend waren fünf Menschen getötet und rund 200 teilweise schwer verletzt worden. Der Täter Taleb A. war mit einem Auto in die Menschenmenge gerast. Der Arzt aus Bernburg südlich von Magdeburg stammt aus Saudi-Arabien, lebt seit 2006 in Deutschland und erhielt 2016 Asyl als politisch Verfolgter. Er war in den vergangenen Jahren an verschiedenen Stellen aufgefallen und sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.
Steinmeier änderte wegen der Todesfahrt seine bereits aufgezeichnete Weihnachtsansprache und nahm sie neu auf. Sie wird am 1. Weihnachtstag ausgestrahlt.
Den Angehörigen der Opfer versicherte Steinmeier: „Sie sind mit Ihrem Schmerz nicht allein. Die Menschen überall in unserem Land fühlen und trauern mit Ihnen.“
Ampel-Aus ist nicht das Ende der Welt
Der Bundespräsident ging auch kurz auf das Scheitern der Ampel-Koalition ein. „Auch wenn jetzt eine Regierung vorzeitig an ihr Ende gekommen ist, ist das nicht das Ende der Welt, sondern ein Fall, für den dieses Grundgesetz Vorsorge getroffen hat“, sagte er. „Die Entscheidung über die Auflösung des Bundestages und über Neuwahlen werde ich mit Sorgfalt nach den Weihnachtstagen treffen.“ Steinmeier will seine Entscheidung am 27. Dezember bekanntgeben.
Besinnung auf die eigenen Stärken
Steinmeier rief die Menschen in Deutschland angesichts zahlreicher Krisen und Herausforderungen auf, sich auf die Stärken zu besinnen, „mit denen wir schon in der Vergangenheit große Aufgaben und Krisen gemeinsam gemeistert haben“. Er nannte Gemeinsinn und Tatkraft, Ideenreichtum und Fleiß, Mut und Ehrgeiz sowie Vertrauen in uns selbst. „All das ist doch bei uns nicht verloren gegangen, all das ist doch lebendig, all dem begegne ich ja fast täglich, und ich bin überzeugt: All das wird uns Wege in die Zukunft immer wieder neu öffnen.“
Der Bundespräsident verwies in diesem Zusammenhang auf die Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten und an viel zu vielen Orten in der Welt. Im eigenen Land gebe es viel Unzufriedenheit über Politik, Wirtschaft, Bürokratie und Ungerechtigkeiten. „Der Ton in unserem Land ist im Alltag rauer geworden, zuweilen sogar unversöhnlich.“
Probleme offen ansprechen
Es gebe viele Herausforderungen, denen man sich stellen müsse, sagte Steinmeier. „Wir müssen offen aussprechen, was schlecht läuft, was in unserem Land nicht so funktioniert, wie es funktionieren könnte und sollte. Und vor allem: was dringend getan werden muss.“
Steinmeier machte jungen Menschen Mut: „Ihr werdet gebraucht, an vielen Stellen geradezu händeringend gesucht. Und deshalb sage ich auch den Eltern und Großeltern, die sich um ihre Kinder und Enkel Sorgen machen: Die jungen Menschen können, ich bin überzeugt, sie werden ihren Weg gehen.“
Ehrenamtliche geben dem Land Wärme
Steinmeier dankte den vielen ehrenamtlich Engagierten – „all diese wunderbaren Menschen, die an mehr denken als nur an sich selbst“, wie er sagte. „All die leisten Großartiges – und sie geben unserem Land Wärme und ein freundliches Gesicht.“
Weihnachten erinnere uns daran, dass wir nicht nur von dem leben, was wir selbst machen und bewirken können, sagte Steinmeier. „Wir leben oft noch mehr von dem, was wir geschenkt bekommen. Wir leben auch von manchem Guten, das uns unverhofft begegnet, und von dem Glück, das andere uns bereiten.“
dpa