Jedes halbe Jahr die selbe Frage: Stellen wir die Uhr eine Stunde vor oder zurück? Und jedes Mal wird darüber diskutiert, ob die Sommerzeit oder die Normalzeit besser ist.
Am 27. Oktober beginnt wieder einmal die Normalzeit, von vielen wird sie auch Winterzeit genannt. Wieder einmal wird die Uhr in der Nacht auf Sonntag eine Stunde zurückgestellt. Und wieder einmal gibt es unzählige Artikel darüber, wie man sich merken kann, wann die Uhr vor- und wann zurückgestellt wird. Oder Interviews mit Expertinnen und Experten, die erklären, welche der beiden Zeiten besser für uns ist – Spoiler: Es ist die Normalzeit
Fakten zur Zeitumstellung
Auch wenn wir eine Stunde länger schlafen können, ist die Umstellung für unseren Körper zunächst belastend. Auf Dauer passt er sich aber an den neuen Rhythmus an. Die einen brauchen dafür nur zwei Tage, andere haben eine Woche damit zu kämpfen.
Europaweit hatte man eigentlich bereits entschieden, die Zeitumstellung abzuschaffen. Doch die EU-Staaten haben sich noch nicht geeinigt, ob dauerhaft Sommer- oder Normalzeit sein soll. Je nach Land, hat nämlich die eine oder die andere Zeit Vorteile. Bei einer dauerhaften Sommerzeit wäre es beispielsweise in Spanien bis um halb 10 Uhr morgens dunkel, in Polen wäre es aber schon ab 3 Uhr hell.
Dauerhafte Winter- oder Sommerzeit?
Die Deutschen sind laut Umfragen für eine dauerhafte Sommerzeit. Das steht aber im klaren Widerspruch zu wissenschaftlichen Ergebnissen, denn in der Schlafforschung ist ganz klar Konsens: Die Normalzeit ist besser für uns.
Der Schlafforscher Albrecht Vorster von der Universitätsklinik für Neurologie in Bern erklärt das so: “Die Winterzeit ist die Normalzeit, bei der die Sonne mittags um 12 Uhr ihren höchsten Punkt erreicht. Dabei geht die Sonne im Jahresmittel morgens um 6 Uhr auf und abends um 6 Uhr unter. In der künstlichen Sommerzeit, die wir 1980 eingeführt haben, verschieben wir das Ganze.”
In den beiden Tagen nach der Zeitumstellung im März, durch die wir eine Stunde früher aufstehen müssen, würden nachweislich mehr Krankenhauseinweisungen gemessen, weil es ungesund sei, plötzlich früher aufzustehen, erklärt Vorster weiter.
Gleichberechtigung für Sommer- und Winterzeit
Menschen, die spät ins Bett gehen und lange schlafen, gehören zum späten Chronotyp. Die Chronotypen beschreiben die individuelle biologische Präferenz für den Schlaf-Wach-Rhythmus. Die sogenannten Eulen tun sich besonders schwer, wenn sie eine Stunde früher aufstehen müssen nach der Zeitumstellung. Ihre kognitiven Leistungen sind am Vormittag schlechter, und sie haben dadurch einen Nachteil, erklärt der Schlafforscher Michael Schredl vom Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim. Deshalb sollten beispielsweise Schulen später anfangen, um diese Benachteiligung aufzufangen.
Und wenn die Zeitumstellung schon nicht abgeschafft wird, dann solle die Sommerzeit doch bitte einen Monat später beginnen – findet Schlafforscher Vorster. “In der letzten Märzwoche tut es deutlich mehr weh, weil wir dann für zwei Wochen wieder im Dunkeln aufstehen müssen.” Und fair wäre es auch, denn aktuell dauert die Sommerzeit sieben Monate und die Winterzeit nur fünf.
Licht als Zeitgeber reicht nicht mehr aus
In der Schlafforschung wird die Uhrumstellung oft mit einem Jetlag verglichen. Aber anders als bei einem Reise-Jetlag bleiben wir aber am selben Ort. Das bedeutet, es gibt keinen neuen Hell-Dunkel-Rhythmus. Man müsse stattdessen seinen eigenen Rhythmus gegen die Sonne verschieben, so Schredl. “Da braucht es andere Zeitgeber, nicht das Licht, sondern unter anderem körperliche Aktivität und die Mahlzeiten.”
Helfen könnten auch Melatonin-Produkte. Sie werben damit, dass das körpereigene Schlafhormon Melatonin gut verträglich sei und bei Einschlafproblemen helfen könne. Schlafforscher Schredl hält es daher nicht für abwegig, Melatonin auch zur Abmilderung der negativen Auswirkungen der Uhrumstellung einzunehmen. Studien gibt es dazu aber noch keine.
Immerhin kommt jetzt die “bessere” Zeitumstellung
Die Zeitumstellung im Herbst macht generell weniger Menschen Probleme, da wir eine Stunde geschenkt bekommen und für einen Tag länger schlafen können. Trotzdem gilt auch hier, wie jedes halbe Jahr der Rat, in der ersten Woche nach der Uhrumstellung weniger streng mit sich selbst zu sein – und häufiger nach draußen zu gehen und Sonne zu tanken. Das helfe, sich mal wieder an die Zeitumstellung anzupassen.