Artlenburg. Seinen Start bei der Feuerwehr hat Johann Freese nicht vergessen. „Der bleibt mir immer in Erinnerung“, sagt der 95-Jährige mehr als acht Jahrzehnte nach diesen dramatischen Stunden im Jahr 1943.
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Der damals 14-Jährige blickte an einem Abend aus der Haustür des Bauernhauses im Landkreis Lüneburg, in dem er lebte, und sah das Feuer: Ein reetgedecktes Altenteilerhaus auf der anderen Seite des Flusses Neetze brannte. Weil fast alle Männer aus dem Dorf im Krieg waren, hatte der Feuerwehrchef des Ortes dem Jugendlichen eine Trompete anvertraut.
Fliegeralarm bei den Löscharbeiten
Mit dem Instrument sollte er im Brandfall die Feuerwehr alarmieren – so tat es Johann Freese dann auch. Mit als erste hörten Kriegsgefangene aus der Ukraine sein Trompetensignal. Sie waren im Schulhaus untergebracht und rannten zum Spritzenhaus nahe der Neetzebrücke, schnappten sich Handpumpen, noch bevor die Pferde an den Spritzenwagen angespannt waren.
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
„Am Brandort pumpten sie, was das Zeug hielt. Sie bekamen das Feuer aus“, erzählt Freese. Das Haus sei dennoch nicht zu retten gewesen. Als ob der Einsatz nicht schon dramatisch genug war, gab es auch noch Fliegeralarm. Während der Löscharbeiten donnerten Bomber über die Köpfe der Helfer in Richtung Elbe. „Was für ein Abend – den vergesse ich nie. Auch wenn ich beim Löschen nicht helfen durfte.“
Am nächsten Tag bei den Aufräumarbeiten bekam er Lob vom Ortsbrandmeister. „Er sagte: Du gehörst ab jetzt zur Feuerwehr“, berichtet Freese. Die Karriere als Feuerwehrmann begann im kleinen Dorf Lüdershausen und ging nach einem Umzug 1953 in Artlenburg, ebenfalls im Kreis Lüneburg, weiter.
Für 80-jährige Zugehörigkeit ehrt ihn die Freiwillige Feuerwehr Artlenburg jetzt. „Streng genommen sind es seit 1943 ja mehr als 80 Jahre. Aber da ist irgendwas zwischendurch verschütt gegangen nach meiner Verpflichtung. Ich wurde erst in Artlenburg rückwirkend mit den nötigen Papieren ausgestattet“, sagt der Landwirt schmunzelnd.
Foto der Feuerwehr Artlenburg in den 1950er-Jahren – Johann Freese ist der 4. von rechts in der hinteren Reihe.
Quelle: privat
Ehrenvorsitzender des Deichverbandes
Die Mitgliedschaft zur Feuerwehr gehört für Johann Freese zum Dorfleben dazu. „Es ist ein Geben und Nehmen. Wenn es bei uns auf dem Bauernhof brennen würde, helfen die anderen Feuerwehrleute uns – und wir sind da, wenn andere in Not sind“, sagt er. Motto: „Einer für alle, alle für einen.“
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Musikzug wieder begründet
Feuerwehr ist für den Freese Kameradschaft, Geselligkeit – und im Fall von Artlenburg auch der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr. Den hatte der heute 95-Jährige 1963 mitbegründet oder besser: wieder neu gegründet.
Der Musikzug hatte 1978 einen Auftritt in der Kinderkultserie „Sesamstraße“. Freese war mit dabei, stand mit dem zotteligen Bär „Samson“ und Schauspielerin Liselotte Pulver vor der Kamera.
Quelle: privat
In der „Sesamstraße“ vor der Kamera
Schon vor dem Zweiten Weltkrieg habe es einen Musikzug der Feuerwehr gegeben, der sich aber aufgelöst hatte, erzählt er. Der Musikzug wurde 1929 gegründet und bestand bis 1939. „Die alte Tradition sollte wieder aufleben. Das hatte sich der damalige Ortsbrandmeister gewünscht.“ Von 1979 bis 1990 hatte Flügelhornspieler Johann Freese den Vorsitz beim Musikzug.
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Zum Teil seien die Feuerwehrmusiker mehr als fünfzig mal im Jahr aufgetreten – und hatten es sogar bis ins Fernsehen geschafft: 1978 hatten sie einen Auftritt in der Kinderkultserie „Sesamstraße“. Freese war mit dabei, stand mit dem zotteligen Bär „Samson“ und Schauspielerin Liselotte Pulver vor der Kamera.
Spaß, Kameradschaft und Geselligkeit
Wenn Johann Freese auf acht Jahrzehnte Feuerwehr zurückblickt, dann fasst er die lange Zeit so zusammen: „Wir hatten viel Spaß mit toller Kameradschaft und wunderbarer Geselligkeit.“ Bei den im Schnitt drei bis vier Einsätzen pro Jahr, bei denen er zu seiner aktiven Zeit als Feuerwehrmann raus musste, sei es zum Glück nie wieder so dramatisch gewesen wie bei seinem Einstieg 1943 – darüber ist er dankbar.
Dieser Artikel erschien erstmals in der „Landeszeitung für die Lüneburger Heide“ – Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland.