Seit 2021 bemüht sich die Bahn mit Partnern, das Mobilfunknetz an den Zugstrecken auszubauen. Neuesten Zahlen zufolge sind inzwischen Datenraten von 300 Megabit pro Sekunde möglich. Doch es gibt weiter technische Flaschenhälse.
Wer im Fernzug durch Deutschland reist, kann ein besseres Handynetz als früher nutzen. Die Deutsche Telekom und die Deutsche Bahn (DB) teilten mit, dass die Antennen des Bonner Konzerns inzwischen 99 Prozent der Hauptstrecken, auf denen ICE-Fernzüge und wichtige IC-Züge fahren, mit einer Datenrate von mindestens 200 Megabit pro Sekunde abdecken. Das sind zwölf Prozentpunkte mehr als 2021.
Damals begann eine Kooperation, in der die Bahn die Telekom unterstützte: Sie stellte Grundstücke für Mobilfunkmasten und Glasfaseranschlüsse bereit. Inzwischen liegen 95 Prozent dieser Strecken im Telekom-Netz sogar bei 300 Megabit oder mehr pro Sekunde. Im Rahmen der Kooperation investierten die Telekom und die Bahn insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag.
Bahn und Telekom loben Fortschritte
Gespräche und Online-Verbindungen seien inzwischen auf vielen Strecken “nahezu unterbrechungsfrei möglich”, heißt es von den beiden Firmen. Die Zusammenarbeit von Telekom und Bahn zeige, dass Deutschland bei der Digitalisierung vorankomme, sagte Bahn-Chef Richard Lutz. “Die Telekom hat dafür ihr Netz verstärkt und wir als DB haben unsere Fahrzeuge ausgerüstet.”
2022 schloss der Internetkonzern Vodafone ebenfalls eine Kooperation mit der Deutschen Bahn ab, um den Netzausbau voranzutreiben. Der Konkurrent der Telekom erreicht demnach eine Abdeckung mit mindestens 225 Megabit pro Sekunde bei 83 Prozent der Hauptstrecken, Tendenz steigend.
Der Anbieter Telefónica Deutschland (O2) baut sein Handynetz an Bahnstrecken ohne einen Rahmenvertrag aus. Die Firma macht zu den Abdeckungskategorien von 200 oder mehr Mbit keine Angaben, betont aber Fortschritte beim Ausbau.
Bandbreite ist bei Passagieren niedriger
Die Auflage der Bundesnetzagentur, an den Hauptstrecken durchgängig 100 Megabit pro Sekunde zu bieten, erfüllen die Firmen eigenen Angaben zufolge alle. Nur in manchen Tunneln und anderen Abschnitten, wo es nachvollziehbare rechtliche und technische Probleme gibt, herrscht noch Funkstille.
Für Fahrgäste ist allerdings entscheidend, dass sich die Angaben zu Bandbreiten auf Messwerte im Antennenbereich beziehen. Es geht nicht um die Verbindungsqualität, die bei jedem einzelnen Passagier im Zug ankommt: Diese Datenrate ist niedriger als die von den Firmen kommunizierten Werte.
Zugfenster schirmen Funksignal ab
Das liegt daran, dass sich viele Bahnreisende das Funksignal teilen und dass Fensterscheiben der meisten Fernzüge die Verbindung verschlechtern, da sie das Funksignal abschirmen. Dass nur ein Teil der Datenraten beim Reisenden ankommt, ist häufig unproblematisch.
Ein niedriger zweistelliger Megabit-Download-Wert reicht in der Regel aus, um mobile Anwendungen gut nutzen zu können, etwa Videotelefonate. Allerdings ist die Verbindung mitunter sehr schlecht oder sie reißt zwischenzeitlich komplett ab – und das Streaming bekommt eine Zwangspause.
Deutsche Bahn setzt Laser ein
Technisch gesehen ist das Handynetz an Bahnstrecken anspruchsvoller als in Wohngebieten. Schließlich muss die Verbindung bei hoher Geschwindigkeit gehalten werden: Das Videotelefonat wird von Funkzelle zu Funkzelle weitergereicht. Je schneller der Zug ist, desto schwieriger ist die Übergabe der Verbindung.
Um die Handyverbindungen im Zug zu verbessern, setzt die Bahn auf sogenannte mobilfunkdurchlässige Scheiben. Neue ICE-Züge vom Modell 3neo haben diese ohnehin schon verbaut. Bei älteren Zügen werden Laser eingesetzt, um die Fenster zu bearbeiten. So wird der darin enthaltenen hauchdünnen Metallschicht, die der Wärmeisolierung dient, ein Muster verpasst. Dann kommt das Funksignal besser durch die Scheiben.
Verhaltender Beifall vom Fahrgastverband
Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt die Fortschritte, ganz zufrieden ist man dort aber nicht. “Wir haben immer noch Funklöcher oder schlechte Verbindungen, wenn man im Zug durch Deutschland fährt”, sagt der Bundesvorsitzende Detlef Neuß. “Andere Staaten der Welt sind viel weiter – das ist für Deutschland ein Armutszeugnis.”
Neuß wohnt am Niederrhein, wo Verbindungsabbrüche auf Bahnfahrten seinen Worten zufolge noch immer Alltag sind. Auch an Gleisen in Ostdeutschland sei das Handynetz mancherorts mangelhaft. Schwächen im Netz räumt auch die Telekom ein, etwa in Naturschutzgebieten.
Als Beispiel nennt der Bonner Konzern die Strecke zwischen Berlin und Rostock, die durch den Müritz-Nationalpark führt. Dort sei erst nach jahrelangen Verhandlungen über den Mobilfunk-Ausbau eine Einigung mit den Naturschutzbehörden erzielt worden. Bis 2026 wolle man die Strecke voll abdecken