Auf der UN-Klimakonferenz COP29 im aserbaidschanischen Baku haben die Staaten auch die Nacht durch verhandelt — bislang ohne Erfolg. Eine abschließende Einigung droht an den stark unterschiedlichen Positionen zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen und der Anpassung an Klimafolgen zu scheitern. Die Industriestaaten
haben ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, ihre jährlichen Finanzhilfen von 100 auf 250 Milliarden Euro zu erhöhen.
Zugleich forderten sie, dass auch wirtschaftlich
starke Schwellenländer wie China oder die Golfemirate in den Kreis der
Geberländer aufgenommen werden. “Die Vorstellungen zwischen dem globalen
Süden und den Industriestaaten liegen sehr, sehr weit auseinander”,
sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Die Verhandlungen steckten deshalb “in einer extrem schwierigen Phase”. Eine Gruppe von Entwicklungsstaaten und kleinen Inseln fordert von den
Industriestaaten insgesamt 1,3 Billionen US-Dollar pro Jahr bis 2035, um
die Folgen der Klimakrise bekämpfen zu können.
Deutschland wolle grundsätzlich eine stärkere Rolle beim Klimaschutz einnehmen, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). “Wir sind bereit, mehr beizutragen, aber dann müssen das auch andere große Emittenten wie die Golfstaaten und China tun”, sagte sie im ARD-Morgenmagazin. Baerbock, gesundheitlich angeschlagen, wollte daher eigentlich am Abend zurück nach Berlin fliegen und die Verhandlungsführung Klimastaatssekretärin Jennifer Morgan übergeben. Als die Weltklimakonferenz nun wie schon im Vorjahr verlängert wurde, entschied sich die Außenministerin, doch noch länger zu bleiben.
Wie genau die Staatengemeinschaft die Treibhausemissionen senken will, ist weiter unklar. Aussagen dazu fehlten in den jüngsten Beschlussentwürfen fast vollständig. Germanwatch sprach aber von deutlichen Verbesserungen gegenüber zuvor in Baku präsentierten Texten. Immerhin werde auch in einem Papier ausdrücklich Bezug auf die Entscheidungen der Vorgängerkonferenz 2023 in Dubai genommen, unter anderem zur Abkehr von fossilen Energieträgern.
Baerbock sagte, man müsse den 2023 in Dubai erreichten “Klimakonsens über die Kontinente hinweg” weiter auszubauen gegen diejenigen, “die das stören wollen, weil sie doch ihre alten fossilen Interessen noch haben oder auch machtpolitische Interessen. “Ohne eine weitere CO₂-Minderung werden wir die Klimakrise nicht in den Griff bekommen”, sagte die Ministerin und warf insbesondere Saudi-Arabien eine Blockadehaltung vor.
Auch über Gender wird gestritten
Doch nicht nur das Geld sorgt für Streit unter den Verhandlern. Auch Gender-Fragen zu einem weiteren Streitpunkt auf der UN-Klimakonferenz in Baku
entwickelt. In
Textentwürfen vom Freitag war zur besonderen Betroffenheit und
Schutzbedürftigkeit von Frauen aufgrund des Klimawandels lediglich noch ein Satz
enthalten gewesen, wonach die Finanzierung von Klimaschutz und Anpassung
an Klimafolgen “auf Grundlage der Menschenrechte und Gender-sensibel”
erfolgen müsse. Studien zeigen, dass Frauen wesentlich
stärker von Klimafolgen betroffen sind als Männer. Gegen einen dazu
geplanten eigenen Text zu Gender-Themen gab es jedoch Widerstände, vor
allem von Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten sowie von
Russland und zunächst auch vom Vatikan.
Dagegen stellte sich unter
anderem Baerbock, die
weibliche Klimadelegierte am Donnerstag zu einem gemeinsamen Foto
versammelte. Eigentlich sollte die Berücksichtigung der
Gender-Problematik etwas völlig Normales sein, aber “irgendwie sind
normale Dinge nicht mehr länger normal”, sagte die Ministerin. Baerbock
forderte eine Fortschreibung des auf der UN-Konferenz in Lima dazu
beschlossenen Programms. “Um die Klimakrise zu bekämpfen, brauchen wir
Frauen-Power”, sagte die Ministerin. “Wir können die Krise nur gemeinsam
bekämpfen.” Auch weitere Delegierte, etwas aus Kanada, kritisierten, dass das Gender-Thema
für die aserbaidschanische Präsidentschaft offensichtlich keine
Priorität habe.”
Wird die COP29 scheitern?
Auch bei den vergangenen Weltklimakonferenzen war eine Abschlusseinigung schwierig zu erzielen gewesen. Corinne Kowalski von WWF Deutschland glaubt zwar weiterhin, dass “ein positives Ergebnis möglich”sei. Bislang fehle es aber an Kompromissen. Es gehe jetzt darum, “Brücken zu bauen”. Es brauche ein “glaubwürdiges Angebot” der Industriestaaten.
Viele Nichtsregierungsorganisationen sind von der Weltklimakonferenz bereits enttäuscht. Mohamed Adow von der Denkfabrik Power Shift Africa bezeichnete die Konferenz als “die schlimmste COP der letzten Jahre”. Er warf den Industriestaaten vor, die ärmeren Länder durch unzureichende Angebote zu einem unzureichenden Abkommen zu drängen.
Oxfam hält die angebotene Summe von 250 Milliarden Euro für zu gering. “Die nach diesem Text vorgesehene Unterstützung in den kommenden zehn
Jahren wird den wachsenden Bedarfen der einkommensschwachen Länder in
keiner Weise gerecht”, kritisierte Jan Kowalzig von Oxfam und forderte deutliche Nachbesserungen.